Waren Sie schon einmal in New Work?

Waren Sie schon einmal in New Work (Hackl et al., 2017)? Wir alle befinden uns auf der Reise nach New Work. Denn wer sich auf dem Arbeitsmarkt bewegt, ist bereits Teil dieser neuen Arbeits- und Zusammenarbeitslogik. New Work ist wissenschaftlicher Diskurs und Business-Trend gleichermassen. In vielen Ländern der westlichen Welt findet derzeit ein grundlegender Wandel statt, getrieben von tiefgreifenden Veränderungen sowohl auf gesellschaftlicher als auch auf Unternehmensebene. Dieser Wandel ist verantwortlich für einige der aktuellen Herausforderungen in der heutigen Arbeitswelt – wie etwa eine neue Führungslogik, neue Formen der Zusammenarbeit, neue Arbeitszeitmodelle und neue Raumkonzepte (Hackl et al., 2017). In diesem Blogbeitrag zeigen wir euch, was genau unter dem modernen Begriff zu verstehen ist und was uns die derzeitige empirische Befundlage dazu sagt.

Der Begriff New Work wurde erstmals vom Sozialphilosophen Fritjof Bergmann als eine kapitalismuskritische Gesellschaftsutopie formuliert. Bergmann träumte von einer neuen Arbeitswelt, die sich von der klassischen Lohnarbeit im kapitalistischen Wirtschaftssystem abgrenzt. Nicht wir sollen der Arbeit dienen, sondern die Arbeit soll uns dienen: Sie soll uns Energie verleihen und uns bei unserer Entwicklung zu lebendigeren, stärkeren und selbstbestimmten Menschen unterstützen (Bergmann, 2020).

Inzwischen ist New Work zu einem Containerbegriff geworden, dessen Relevanz klarer scheint als seine Definition. Während in New York die Freiheitsstatue Licht ins Dunkel bringt, ist es bei dieser Thematik das jährliche New Work Barometer (Schermuly & Geissler, 2022; Schermuly & Meifert, 2022). Die Studie bietet eine Orientierung für Menschen aus der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Politik, die sich für das Thema New Work interessieren. Als Onlineumfrage[1] wird untersucht, was heute unter dem Begriff «New Work» verstanden wird und es wird analysiert, welche Massnahmen als New Work erlebt werden. Eine weitere interessante Frage des Barometers ist, wie der Einsatz von New-Work-Massnahmen mit der Organisationsleistung zusammenhängt.

Was verstehen wir gegenwärtig unter New Work?

Nicht das ursprüngliche Verständnis von Bergmann, sondern die wissenschaftliche Konzeption von New Work im Sinne des psychologischen Empowerments dominiert die letzten drei Jahre dessen Verständnis (Schermuly & Meifert, 2022) und wird weitreichend als New Work akzeptiert. Aus wissenschaftlicher Sicht umfasst New Work demnach verschiedene Massnahmen mit dem Ziel, das psychologische Empowerment der Mitarbeitenden zu steigern. Bei Empowerment handelt es sich um das Erleben von Bedeutsamkeit, Einfluss und Selbstbestimmung (Schermuly & Geisser, 2022).

Empowerment-orientierte Führung als wichtigste Massnahme von New Work

Die Massnahme, die New Work nach dem Barometer am stärksten repräsentiert, ist die Empowerment-orientierte Führung. Führungskräfte mit einer solchen Orientierung wollen ihre Mitarbeitenden psychologisch ermächtigen, damit sie ihr volles Potenzial ausschöpfen können. Sie nehmen dabei sechs Rollen ein. Als Sinnstifterin soll eine Führungskraft das Warum und Wozu einer Arbeit erklären sowie zusammen mit den Mitarbeitenden Zukunftsvisionen erarbeiten. Als Personalentwickler hilft die Führungskraft die beruflichen Kompetenzen ihrer Mitarbeitenden zu fördern, gibt ihnen Feedback zu ihrer Entwicklung und regt sie zum Nachdenken über berufliche Probleme an. Als Ermächtigerin überträgt sie ihren Mitarbeitenden verantwortungsvolle Aufgaben und lässt sie selbstständig entscheiden, wann, wie und wo diese arbeiten. In ihrer Funktion als Beteiligter lässt eine Führungskraft ihre Mitarbeitenden bei wichtigen Entscheidungen mit- oder alleine entschieden und stellt ihnen dafür zeitnah relevante Informationen zur Verfügung. Als Coach behandelt sie Mitarbeitende als Individuen und berücksichtigt ihre persönlichen Kompetenzen und Bedürfnisse. Letztlich agiert eine Empowerment-orientierte Führungskraft stets als Vorbild und erfüllt damit selbst die Ansprüche, die sie an ihre Mitarbeitenden stellt (Schermuly & Geisser, 2022).

Ebenfalls wichtige Aspekte, die aus New Work resultieren, sind flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, den Arbeitsort frei zu wählen (Arbeitsort- und Arbeitszeitautonomie) sowie die Verflachung von Hierarchien (Schermuly & Geissler, 2022). Letztere sehen Führungskräfte jedoch als weniger repräsentativ für New Work an als Mitarbeitende. Gesamthaft handelt es sich um Massnahmen, bei der die Fragen “Wer entscheidet?“ und “Wie wird verteilt?” zugunsten der Mitarbeitenden verändert werden (Schermuly & Meifert, 2022).

Wie hängt der Einsatz von New Work-Massnahmen mit der Organisationsleistung zusammen?

Das New Work Barometer analysiert auch, ob sich die wahrgenommene Leistung von Organisationen, die eine spezifische New Work-Massnahme einsetzen, von solchen Organisationen unterscheidet, die diese Massnahme nicht durchführen. In dieser Analyse zeigt sich, dass Organisationen, welche Empowerment-orientierte Führung praktizieren, in der wahrgenommenen Organisationsleistung deutlich besser abschneiden als Organisationen ohne diesen Führungsstil (Schermuly & Geissler, 2022). Auch frühere Studien von Schermuly (2015; 2019) konnten positive Effekte der Empowerment-orientierten Führung auf das Erleben von Bedeutsamkeit, Kompetenz und Selbstbestimmung der Mitarbeitenden sowie einen positiven Einfluss auf deren psychische Gesundheit nachweisen. Ein Vorsprung in der Organisationsleistung besteht gemäss der Metaanalyse auch für Unternehmen, die Arbeitsort- und Arbeitszeitautonomie sowie digitale Führung betreiben (Schermuly & Geissler, 2022). Eine Studie von Gajendran und Harrison (2007) zeigt zudem: Wer in regelmässigen Abständen auch mal von zuhause arbeitet, erlebt gesamthaft mehr Autonomie und dadurch mehr Arbeitszufriedenheit. Und überraschenderweise profitiert auch aus Sicht der Führungskräfte die Arbeitsleistung von der Arbeit im Homeoffice.

Gute Reise!

Aus den Ergebnissen des jährlichen New Work Barometers lässt sich schliessen, dass sowohl Unternehmen als auch Beratende an die Zukunft dieser neuen Arbeitsform glauben. Wie diese in Ihrem Unternehmen sinnvoll zu implementieren ist und was Sie dabei beachten sollten, ist abhängig von unterschiedlichen Faktoren. Es lohnt sich, diese zu analysieren und gemeinsame Schritte in Richtung New Work zu gehen.  

Wir wünschen Ihnen eine gute Reise und freuen uns, wenn wir Ihnen dabei mit unserer Beratung als Reiseführerinnen und Reiseführer zur Seite stehen können.

Referenzen

Bergmann, F. (2020). Neue Arbeit. Neue Kultur. Freiburg: Arbor

Gajendran, S., & Harrison, D. A. (2007). The good, the bad, and the unknown about telecommuting: meta-analysis of psychological mediators and individual consequences. Journal of Applied Psychology, 92(6), 1524-1541.

Hackl, B., Wagner, M., Attmer, L., & Baumann, D. (2017). New Work: Auf dem Weg zur neuen Arbeitswelt. In Springer eBooks. https://doi.org/10.1007/978-3-658-16266-5

Schermuly, C. C. (2015). Empowerment: Die Mitarbeiter stärken und entwickeln. In Handbuch Mitarbeiterführung: Wirtschaftspsychologisches Praxiswissen für Fach- und Führungskräfte (pp. 1–13). Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-55213-7_25-1

Schermuly, C. C. (2019). New Work und Coaching – psychologisches Empowerment als Chance für Coaches. Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 26(2), 173–192. https://doi.org/10.1007/s11613-019-00599-7

Schermuly, C. C. (2020). Wann funktioniert New Work? Eine praktische und psychologische Theorie zu New Work. PersonalQuarterly, 2/20, 10-15.

Schermuly, C. C. & Geissler, C. (2022). Ergebnisse des New Work-Barometers 2020. https://www.srh-berlin.de/fileadmin/Hochschule_Berlin/Forschung/Forschungsberichte/Ergebnisse_des_NEW_WORK-Barometers_2020_Prof._Dr._Carsten_C._Schermuly___Christian_GeisslerPlan.pdf

Schermuly, C. C. & Meifert, M. (2022). Ergebnisbericht zum New Work-Barometer 2022. https://www.srh-berlin.de/fileadmin/Hochschule_Berlin/New_Work-Barometer_2022_Ergebnisbericht.pdf


[1] Die Studie beschränkte sich auf den DACH-Raum

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