Diese Frage habe ich in den letzten Wochen bestimmt 20 Mal gestellt gekriegt, und da wird es Ihnen wohl nicht anders gehen. Das neue Jahr trägt in Sachen «Gewohnheiten verändern» und «sich selbst optimieren» einen geradezu erstaunlich symbolischen Charakter, wenn man bedenkt, wie viele der vergangenen Jahresvorsätze nach spätestens einem halbwegs motivierten ersten Monat wieder Geschichte waren.
«Mehr Sport treiben», «weniger Alkohol», «öfters in die Natur» – das sind unter anderem typische Klassiker, die mir dabei in meinem Umfeld immer wieder begegnen. Das geht vielleicht zwei, drei Wochen lang gut, bis wir vom Alltag und alten Verhaltensmustern überrollt werden und uns die Willenskraft, unseren gut gemeinten Vorsätzen zu folgen, komplett verlassen hat.
Mir geht es da selbst nicht anders: Vorsätze, Ziele formulieren und dann «frisch starten» – ins neue Jahr, den neuen Monat, die neue Woche – das gibt mir einen Kick! Egal, wie oft ich dabei schon gescheitert bin, ich probiere es trotzdem immer wieder aufs Neue und ärgere mich dann, wenn’s mit der Umsetzung nicht klappt… ein ewiger Kreislauf.
Man könnte nun sagen: Lass es doch einfach ganz sein mit den Vorsätzen! Das
mag für die einen stimmen (und finde ich einen durchaus sinnvollen Ansatz), viele aber halten – wie ich – an der Symbolik vom ‘Neuanfang’ fest und mögen es, dem neuen Jahr eine gewisse Bedeutung zuzumessen, indem alte Laster losgelassen werden und Platz für Neues entsteht.
Wie schaffen wir es also, im 2023 die Vorsätze auch in Tat umzusetzen? Hier ein paar wissenschaftlich untersuchte Tipps, die uns helfen können, die diesjährigen Vorsätze auch tatsächlich zu verwirklichen:
- Überlegen Sie sich ehrlich, was die Motive hinter einem gewissen Vorsatz sind. Macht Sie die Umsetzung des Vorsatzes – langfristig – wirklich glücklicher? Oder drehen Sie sich damit nur weiter in einer endlosen Spirale der Selbstoptimierung, die weniger Ihrer Zufriedenheit dient als der Befriedigung gesellschaftlicher Erwartungen?
Haben Sie sich beispielsweise vorgenommen, im neuen Jahr des Öfteren joggen zu gehen, fragen Sie sich: Will ich das, weil mir mehr Bewegung und Zeit in der Natur guttut und ich mich dadurch ausgeglichener fühle? Oder geht es mir eher darum, durch das Joggen an Gewicht zu verlieren und ein Gefühl der Selbstkontrolle zu erlangen – und wenn ja, macht mich das tatsächlich glücklich? - Die erfolgreiche Initiierung von Veränderungen ist durchaus auch kontextabhängig. Machen Sie sich Gedanken zu den Umständen Ihres Zieles und fragen Sie sich, wie realistisch eine Umsetzung des Vorsatzes momentan überhaupt ist.
Bleiben wir beim Beispiel des Joggens: Sind Sieim Joggen nicht erfahren, scheint fraglich, wie realistisch es ist, dass Sie damit im kalten, dunklen Januar beginnen. Vielleicht passt hier eher ein Bewegungsziel, welches drinnen stattfinden kann – und dieses Ziel wird auf den Frühling verschoben! - Seien Sie ehrlich mit sich, wenn Sie einen Vorsatz formulieren, und tun Sie dies entsprechend realistisch – das ist, wie uns die Forschung beweist, motivierender, da wir dann nicht von Anfang an das Gefühl haben, das Ziel so oder so nicht erfüllen zu können.
Zu unserem Beispiel: Ist es wirklich realistisch, dass Sie ab sofort drei Mal pro Woche eine Stunde joggen gehen? Vielleicht macht es Sinn, mit einem kleineren Ziel zu beginnen – beispielsweise zwei Joggingeinheiten pro Woche à 30 Minuten. Überlegen Sie sich offen, was für Sie persönlich realisierbar scheint und messen Sie sich dabei nicht an den Zielen anderer. - Machen Sie sich klar: Jede Veränderung bedeutet auch Mühe und Durchhaltevermögen! Es ist darum wichtig, sich möglichen Hindernissen bewusst zu sein und diesen mit sinnvollen Strategien zu begegnen. Hier hilft das WOOP-Prinzip von Oettingen: wish, outcome, obstacles, plan. Definieren Sie Ihren Wunsch respektive Vorsatz und visualisieren Sie, wie Sie sich fühlen, wenn Sie diesen erfolgreich umsetzen. Dann überlegen Sie sich mögliche obstacles, also Hindernisse, die Sie von Ihrem Vorsatz abhalten könnten, und leiten Sie «wenn-dann»- Strategien ab. Diese helfen Ihnen zu planen, wie Sie den Hindernissen begegnen können, sobald diese auftreten.
Ein typisches Hindernis für unseren Beispiel-Vorsatz könnte beispielsweise sein, dass Sie sich zu müde zum Joggen fühlen. Eine wenn-dann-Strategie könnte sein: «Wenn ich das Gefühl habe, zu müde fürs Joggen zu sein, mache ich mich trotzdem parat und renne 5 Minuten. Dann entscheide ich, ob ich weiterrennen möchte oder in der restlichen Zeit einen Spaziergang mache». Mit diesem wenn-dann-Plan begegnen Sie einem typischen Hindernis, lassen aber nicht Ihre körperliche Verfassung ausser Acht, was uns zu unserem nächsten Tipp führt: - Eine flexible Handhabung des Vorsatzes und ein Gefühl der Selbstakzeptanz sind ebenso wichtig wie realistische Zielsetzungen und wenn-dann-Pläne. Auch Beachtung aller beschriebenen Punkte kann es manchmal unmöglich erscheinen, einem Handlungsplan zu folgen. Die menschliche Willenskraft ist erschöpflich – und wir sind keine Roboter! Sich wegen einer vermeintlichen ‘Niederlage’ fertig zu machen, ist wenig motivierend für die weitere Verfolgung des Vorsatzes. Seien Sie nicht zu streng mit sich; probieren Sie, Selbstakzeptanz auszuüben und setzen Sie dann Ihren Vorsatz fort, anstatt aus Frust alles über Bord zu werfen. Letztendlich soll es uns ja um längerfristige Gewohnheiten gehen, darum …
- … üben Sie sich in Geduld! Laut einer Studie des European Journal of Social Psychology dauert es im Schnitt 66 Tage, bis sich ein neues Verhalten automatisiert und zu einer Gewohnheit wird. Das Ziel sollte sein, dass die Ausführung mit der Zeit nicht mehr viel Motivation erfordert, sondern automatisch erfolgt. Das setzt Ausdauer und Willenskraft voraus! Führen Sie sich Ihren Vorsatz also immer wieder vor Augen und vertrauen Sie auf den Weg, der Sie zu Ihrem Ziel führen soll.
Krott, N. R., Marheinecke, R., & Oettingen, G. (2019). Mentale Kontrastierung und WOOP fördern Einsicht und Veränderung. https://doi.org/10.1007/978-3-658-24211-4_9
Lally, P., van Jaarsveld, C. H. M., Potts, H. W. W., & Wardle, J. (2009). How are habits formed: Modelling habit formation in the real world. European Journal of Social Psychology, 40(6), 998-1009.